Weltenbummler
Weltenbummler

6.6. - 12.6.2018

Wir entschließen uns, nicht nach Klaipeda zu fahren, sondern doch noch einmal in den Norden nach Siaulia (da wollten wir eigentlich schon vor 3 Tagen von Phanevezys aus hin). Doch wir nehmen (leider) nicht den richtigen Weg, fahren über den Nemunas und kommen auf die falsche Straße. Nicht so schlimm denken wir, nehme wir auf dem Weg noch ein paar historische Burgen und Orte mit – weit gefehlt, auch hierfür sind wir auf der falschen Flußseite. Laut Karte gibt es einen Übergang von Pavikiys nach Vilkija (auch ein sehenswerter Ort) – kommen aber leider nicht hin! Der Übergang ist keine Straße sondern ein Fähre. Als wir auf die Fähre warten, frage ich Mario ob wir für die Fähre nicht zu groß sind, Mario sagt vehement "Nein". Doch leider scheitert das Unternehmen nicht an unserer Größe, sondern daran, dass wir es nicht schaffen auf die Fähre zu fahren. Der Untergrund zur Auffahrt ist aus grobem Kies und unser Überhang ist zu groß, wir machen einen Versuch, kommen mit den Vorderrädern auf die Rampe, das Personal der Fähre schaut, dass wir nicht aufsitzen, winken dann aber ab, wir schaffen es nicht. Also wieder ganz langsam rückwärts – damit nichts kaputt geht. Dies bedeutet für uns, umkehren. Die bisher gefahrenen 30 km müssen wir nun wieder zurück. Wieder in Kaunas nehmen wir die richtige Straße und fahren ca. 160 km bis Siauliai. Die Stadt selbst hat nichts zu bieten. Erwähnenswert ist jedoch, dass es Ausländern erst seit 1987 erlaubt ist, die Stadt zu besuchen. Zuvor war sie ein sowjetisches Industriezentrum, in dem Militärprodukte hergestellt wurden. Damals hatten Besucher, die nicht aus der litauischen Sowjetrepublik kamen, keinen Zutritt.   

Wenige Kilometer nach der Stadt kommen wir zum „Berg der Kreuze“. Der „Berg der Kreuze“ ist eine der größten, bestimmt aber der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten nicht nur Litauens, sondern des ganzen Baltikums. Der „Berg der Kreuze“ ist knapp 10 m hoch. Der eigentliche Hügel selbst reicht schon lange nicht mehr aus, um alle Kreuze zu fassen, die im Laufe der Zeit von Pilgern aus Gründen der Dankbarkeit an die Vorsehung für die Erfüllung eines Wunsches aufgestellt wurden. Im Pavillon neben dem Berg hielt im Jahr 1993 Papst Johannes Paul II eine Messe ab. Der Ort ist sehr beeindruckend und auch heute kamen uns viele Menschen entgegen die kleine Kreuze zum Berg trugen.

Nun starten wir aber tatsächlich in Richtung Klaipeda, fahren aber jetzt nicht mehr auf autobahnähnlichen Straßen sondern auf kleineren Landstraßen. Nebenbei halten wir Ausschau nach einem Schlafplatz, den wir abseits der Straße über einen breiten Feld-/Waldweg erreichen. Nun stehen wir wieder einmal ganz alleine direkt am Lükstassee. 

Über Landstraße, die auf mehreren Kilometern eine Baustelle ist, fahren wir nach Klaipeda. Außer viele Felder, auf denen gearbeitet wird, und vielen Störchen, gibt es auf der Strecke nicht viel zu sehen. In Klaipeda angekommen finden wir auf Anhieb einen gebührenfreien Parkplatz vor den Überresten der einstigen Burg (hier ist ein kleines Museum untergebracht, das wir uns anschauen). Die Altstadt ist von hier aus zu Fuß schnell erreicht. Als erstes kommen wir zum Theaterplatz. Mitten auf dem Platz befindet sich ein Brunnen mit de Standbild „Ännchen von Tharau“ (es ist nicht die Orginalfigur sondern nur eine Kopie). Das Ännchen steht auf dem Springbrunnen, der nach Simon Dach benannt ist, dem Dichter, dem die „Ännchen-Verse“ einfielen.

Zum Beispiel:

„Ännchen von Tharau ist’s, die mir gefällt,/Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld./Ännchen von Tharau hat wieder ihr Herz / Auf mich gerichtet in Lieb‘/ und in Schmerz.“ usw…..

 

In den Gassen der Altstadt findet man überall kleine Bronzefiguren, bekannt davon ist das „wundertätige Altstadtmäuschen“. Zurück geht es über den Jachthafen, hier müssen wir warten, weil eine Brücke offen ist. Nach wenigen Minuten wird diese von 2 Männern per Hand geschlossen und die Fußgänger können sie überqueren. Im Hafenbereich laufen Vorbereitungen auf ein Open-Air-Konzert das am Wochenende stattfindet. Wir überlegen, in der Nähe zu bleiben, um evtl. eines der Konzerte zu besuchen. Doch leider gibt es in Klaipeda keinen Stellplatz. Also fahren wir weiter in den Nationalpark „Kurische Nehrung“. Wir müssen, um auf die „Kurische Nehrung“ zu kommen mit der Fähre fahren und anschließend für die Einfahrt in den Nationalpark eine Gebühr bezahlen (somit hat sich der Gedanke, morgen vielleicht doch nach Klaipeda zu fahren, erledigt. Die Überfahrt mit der Fähre kostet 26,-- € und die Gebühr für den Nationalpark 20,-- €. Hier im Nationalpark darf man nicht frei stehen, also fahren wir den einzigen Campingplatz in Nida an. Dieser liegt nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt. (der Teil der Kurischen Nehrung, der zu Russland gehört ist vom Festland aus zu erreichen, der litauische Teil nicht). Wir gehen am späten Nachmittag noch in der Ostsee baden (wobei baden übertrieben ist, ich bin schneller aus dem Wasser – wie drin)!

 Wir haben beschlossen mit dem Fahrrad von unserem Campingplatz aus nach Juodkrante zu fahren, laut Karte 30 km ?. Doch direkt von unserem Platz aus kommen wir (steil bergauf) zu Parnidis-Düne. Da muss man ja schließlich hoch – und das gleich frühmorgens. Danach nehmen wir den Radweg, fahren nach Nida, wo wir das Thomas-Mann-Museum besuchen (Thomas Mann verbrachte hier mit seiner Frau und den Kindern die Sommer von 1930 – 1932). Das Haus liegt übrigens auch auf einer Anhöhe. Danach geht es durch den Nationalpark unterwegs treffen wir auf ein deutsches Paar, das mit vollem Gepäck unterwegs ist. Die 30 km sind vielleicht normale Straße, aber auf dem Radweg fahren wir 45 km! bis wir in Juodkrante ankommen. Hier fahren wir die Promenade, die mit Steinskulpturen verschiedenster Art ausgestattet ist und an der gerade Skulpturen aus Sand entstehen, entlang. Wir machen eine Pause und essen eine Kleinigkeit. Danach geht es zurück und wir finden tatsächlich die Stelle an der die größte Kolonie von Kormoranen und Graureihern Litauens heimisch ist. Die Bäume, auf denen die Vögel nisten sind voll von Kot und sehen wie tot aus. Wir fahren weiter und erreichen nach knapp 80 anstrengenden km Nida. Hier halten wir an und gönnen uns ein/zwei Bier und etwas zu essen. Leicht beschwipst geht es danach weiter zu unserem Campingplatz. Ich liege um kurz nach 22 Uhr müde und zufrieden im Bett. Der Tag war anstrengend, aber die Fahrt mit dem Rad quer durch den Nationalpark war wirklich schön.

Nach einem späten Frühstück starten wir wieder und verlassen die Halbinsel und somit auch die Kurische Nehrung (Ps.: die Ausfahrt aus dem Nationalpark und die Fähre nach Klaipeda war nicht mehr gebührenpflichtig). Die Küste Litauens ist nur noch knapp 100 km lang und wir fahren über Karkle (wo wir ein Sonnenbad nehmen) bis nach Palanga. Hier gibt es eine Fußgängerzone, die wirklich sehenswert ist. Rechts und links gibt es kleine Geschäfte Restaurants und Cafés. Die Straße endet direkt am Zugang zur 200 m langen Seebrücke (hier pulsiert das Leben). Wir fahren noch weitere 15 km bis zu einem kleinen Ort, wo wir auf einen Campingplatz fahren (freistehen ist nicht möglich, da hier ein Bikerfestival stattfindet). Vom Campingplatz gehen wir zu Fuß bis zum Festivalgelände, bewundern Motorräder und lassen die Atmosphäre auf uns wirken. Jetzt sind wir froh, dass unser Campingplatz 1,5 km vom Festivalgelände entfernt liegt – die Musik ist doch sehr laut.

Wir überqueren die Grenze nach Lettland. Auch hier wieder keinerlei Kontrolle. Es sind wiederum zu Litauen keine Veränderungen erkennbar. Die Landschaft bleibt gleich, wiederum gibt es weite Felder und viele Störche. Die erste Stadt, die wir in Lettland besuchen ist Liepaja (Libau), dies ist mittlerweile die drittgrößte Stadt des Landes und war 1919 für sechs Monate Hauptstadt von Lettland. Wir machen einen Bummel und sind recht erstaunt, dass heute, am Sonntag, östlich der Kathedrale Markt ist. In der Kirche konnten wir leider keine Fotos machen, da gerade Gottesdienst war. Wir fahren Richtung Strand, der sehr schön ist – hier machen wir Kaffeepause! Es gibt viele schöne Parkanlagen und alte Holzhäuser. Bei der Ausfahrt aus der Stadt fahren wir aber auch an vielen (nicht sehr schönen) Plattenbauten aus der Sowjetzeit vorbei. Auch das gehört zu dieser Stadt.  Wir verlassen die Stadt und möchten möglichst nahe an der Küste entlang fahren, eine größere Straße ist auf unserer Straßenkarte eingezeichnet. Aber auch hier ist es nicht anders als in Polen, die Teerstraße wird schlecht und geht in einen Schotterweg über ! Sobald als möglich verlassen wir diesen Weg um nach Pavilosta zu kommen. Dieser Ort liegt an der Mündung des kleinen Flusses Saka, der in die Ostsee fließt und einen schönen Strand hat, an dem wir beschließen zu bleiben. Ein Parkplatz direkt hinter der Düne ist schnell gefunden. Wir parken erst mal und gehen, ausgerüstet mit Badesachen, an den Strand. Später, der Parkplatz ist fast leer, stellen wir uns besser hin und genießen die Abendstimmung. Um 21.00 Uhr sind wir ganz alleine, die Sonne scheint in unser „Wohnzimmer“ und wir gehen noch an den Strand, wo es einen schönen Sonnenuntergang gibt.

Wir fahren nach Jürkalne. Der einzige Grund hier hin zu fahren ist seine 20 m hohe Steilküste. Außer uns ist an diesem Küstenabschnitt keine Menschenseele. (Stimmt nicht ganz: am Parkplatz ist eine Frau die den Müll zusammenräumt und sauber macht). Es geht weiter über Alsunga (hier wollen die Livonische Ordensburg besichtigen – sie ist leider geschlossen), nach Edole. Hier haben wir mehr Glück, der Stolz der Stadt, ein Schloss aus dem 13. Jahrhundert, kann von uns besichtigt werden. Das Schloss wurde von dem Deutschen Orden erbaut und trägt den deutsche Namen Edwahlen. Uns nächster Halt ist im Städtchen Kuldiga (Goldingen) das an den Ufern des Venta-Flusses liegt. Im 17. Jahrhundert fungierte die Kleinstadt als Hauptstadt de Herzogtums Kurland. In der Altstadt sind heute noch die typischen Holzgebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu sehen (seit 2008 trägt die Stadt den Titel „Stadt des europäischen Kulturerbes“. Kuldiga ist auch erwähnenswert, weil es hier gleich zwei Wasserfälle zu sehen gibt. Mit einer Fallhöhe von sage und schreibe 4,15 m ist einer der beiden Wasserfälle der höchste in Lettland, zumindest ab in Kurland. Der andere der Ventas Rumba, wird vom Fluss Venta gebildet und ist stattliche 249 m breit und 1 m hoch! Er gilt als breitester Wassersturz Europas. Wir verlassen Kuldiga wieder, denn wir wollen die Nacht am Usmas-See verbringen. Um an den See zu kommen, fahren wir wieder einmal von der Hauptstraße ab. Wir poltern mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km an den See. Wir kommen zu einem kleinen Campingplatz auf dem schöne Holzhütten stehen. Hier bleiben wir, wir sind mit unserem „Gretchen“ die einzigen Gäste. Nach einem Bad im See und anschließendem Sonnenbad, müssen wir uns leider nach innen verziehen. Schwarze Gewitter-/Regenwolken ziehen auf und aus dem geplanten Grillen am offenen Feuer wird leider nichts.

In der Nacht hat es immer wieder geregnet, es ist frisch geworden. Usmas-See bedeutet in Deutsch Nebelsee – und tatsächlich als ich zum ersten Mal (kurz nach 6) raus schaue ist der See im Nebel versunken. Heute starten wir im Regen, fahren noch ca. 8 km auf Schotterpiste und kommen dann auf die Hauptstraße, die uns nach Ventspils führt. In Ventspils stellen wir „Gretchen“ im Fährhafen ab und gehen zu Fuß weiter. Schon gleich am Büro das Fährhafens steht die erste Kuh-Skulptur (weitere sind überall in Ventspils zu sehen). Sie sind Hinterlassenschaften eines lange zurückliegenden, weltweit stattfindenden Kunstprojekts, der Cow Parade. Unser Weg führt uns vorbei an der Skulptur des „Schiffsbeobachters“. Der Künstler formte einen Felsbrocken zu einem Kopf und versah ihn mit zahlreichen Löchern, aus diesen sprudelt Wasser (was das Haar bedeuten soll). Wir besichtigen das historisch bedeutendste Gebäude der Stadt, die Burg des Livländischen Ordens. Danach machen wir einen Spaziergang durch die Stadt mit einem Bummel über den Markt. Ventspils ist Lettlands „Blumenstadt“, es gibt zahlreiche Pflanzendekorationen und Blumenskulpturen. Heute wollen wir noch ein bisschen Strecke machen und so geht es weiter, durch langweilige eintönige Landschaft mit schnurgerader Straße zum Kap Kolka, hier trifft die Ostsee auf die Rigaer-Bucht. Wenige Kilometer nach Kolka finden wir unseren heutigen Schlafplatz. Machen noch einen Spaziergang in die Rigaer Bucht – ein geplantes Bad findet jedoch nicht statt, das Wasser ist so flach, dass man mehrere 100 m laufen müsste.

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