Bei strahlendem Sonnenschein machen wir uns kurz nach 9 Uhr auf den Weg die Marienburg zu besichtigen. Wir kaufen Tickets und nehmen uns auch jeweils ein Audioguide mit. Die Runde durch die Burg dauert gut 3 Stunden! Die Burg ist eine der mächtigsten Festungsanlagen Europas, Hauptsitz des Deutschen Ritterordens von 1309 – 1457. Die bei Kämpfen am Ende des Zweiten Weltkriegs stark beschädigte Burg wurde ab 1960 von den Polen aufwendig restauriert und vor einigen Jahren von der UNESCO zum Welterbe erklärt.
Am frühen Nachmittag packen wir zusammen und fahren nach Elblag. Wir machen eine Bummel durch das Markttor in die Altstadt und hier bis zur Kirche St. Nicolai. Auf dem Rückweg zum Parkplatz gehen wir noch zur Statue des Bäckergesellen. Wir reiben über seine Bronzenase, was Glück bringen soll. Das Denkmal ist ich gewidmet, weil er am 8. März 1521 die Stadt durch seine Warnung vor dem Einmarsch der Deutschordensritter bewahrte. Unser weiterer Weg führt uns an den Oberländischen Kanal, wo wir die Rollberge anschauen wollen, bzw. zuschauen wollen wie Schiffe, die den Kanal befahren die Rollberge (!) hinaufgebracht werden. Die Schiffe werden mit Hilfe eines Seiles und eines Wagon auf Schienen über die Wiesen gezogen, dabei überwinden sie um die 100 Höhenmeter. Das ganze geschieht nur mit Wasserkraft.
Wir starten gegen 9 Uhr mit dem Fahrrad und fahren entlang des Oberländischen Kanals um „Schleusenvorgänge“ zu beobachten. Der Radweg führt die Straße entlang, weg vom Kanal – Marios Meinung, das kann nicht sein, also geht es für uns Querfeldein! Wir kommen zum Rollberg bei Buchwald und kommen gerade rechtzeitig, das Spektakel zu beobachten. Das Schiff fährt auf eine Art Lore, diese wird über ein Zugseil mit Wasserantrieb auf den Berg gezogen und auf der anderen Seite wieder hinunter gelassen. Sobald die Lore wieder in das Wasser eintaucht, fährt das Schiff heraus und setzt seinen Weg fort. Weiter geht es mit dem Fahrrad durch einen Wald und wir kommen zum nächsten Rollberg. Von dort fahren wir auf dem ausgeschilderte Radweg zurück zu unserem „Gretchen“.
Unser Weg mit „Gretchen“ führt uns wieder über kleine, auf unserer Straßenkarte nicht verzeichnete, Straßen. Die Landschaft ist abwechslungsreich (Wälder, Felder, Seen). An einem dieser Seen machen wir eine Pause und gehen baden. Als wir wieder auf eine größere Straße kommen, fahren wir über Morag nach Olsztyn (Allenstein), wo wir auf einem Parkplatz am See die Nacht verbringen werden.
Wir verlassen unseren Schlafplatz und fahren in die Stadt, hier suchen wir einen Parkplatz um die Erkundung zu Fuß zu starten. Vom Hohen Tor führt uns der Weg durch die Altstadt, diese ist geprägt von vielen kleinen Cafés und Kneipen (Allenstein ist eine beliebte Studentenstadt). Allenstein ist die Hauptstadt der Provinz Ermland-Masuren. Der historische Kern mit Backsteinburg, Kirchen und Bürgerhäusern ist wunderschön anzusehen. Berühmtester Stadtbewohner war Nikolaus Kopernikus der von seinem Onkel, dem Fürstbischof von Ermland, 1516 den Posten des Burgverwalters erhielt. Wir verlassen Allenstein (die Ausfahrt aus Allenstein ist nicht ganz einfach, weil hier die Straße (16) komplett neu gebaut wird). Unser Weg führt uns über Barczewo nach Jeziorany (natürlich nicht direkt, wäre zu einfach und unspektakulär gewesen) nach Reszel.
Es regnet und so wird es auch den ganzen Tag bleiben. Unser erster Halt ist in Swieta Lipka (Heilige Linde). Swieta Lipka ist ein Wallfahrtsort mit einer ganz besonderen Kirche. Sie ist im Jahr 1983 von Papst Paul II zur Basilika Minor ernannt worden. Wir kommen genau richtig um das Spektakel in der Kirche zu erleben. 4.965 Pfeifen erklingen, Engelchen winken, nicken und wackeln – je nach gezogenem Registern. Die gewaltige Orgel aus dem Jahr 1719 - 1721 erklingt – ein schönes Erlebnis. Von hier aus geht es über Ketrzyn (wir machen einen kurzen Bummel, die Stadt hat nicht viel zu bieten und es regnet) nach Gierloz zur Wolfsschanze. Hier kochen wir erst einmal Kaffee und hoffen, dass der Regen nachlässt. Mit Regenjacken ausgerüstet machen wir uns auf den Weg das Waldgebiet in dem das ehemalige Führerhauptquartier Hitlers war, zu erkunden. Hier fand auch am 20.Juli 1944 das misslungene Attentat auf Hitler statt. Zu dem düsteren Teil dieser Geschichte passt auch das düstere Wetter. Durch den Regen sind in diesem Wald die Mücken aktiv – in einem Raum, der mit Ausstellungsstücken gefüllt ist, befinden sich mehr Mücken als Fotos, Plakate und Geräte und wir verlassen diesen Ort. Wir verlassen diesen unwirtlichen Ort und fahren ohne Stopp nach Mikolajki.
Die Sonne scheint wieder und wir beschließen eine Radtour am See entlang zu machen. Wir fahren von der Hauptstraße weg auf eine kleine Straße, die uns entlang des Sees und vieler schöner Ferienhäuser, Hotels und Anlagen mit Seezugang führt – wir kommen jedoch nicht an den See zum Baden, das es keine öffentlichen Zugänge gibt. Wir fahren weiter, kommen über einen Feldweg in den Wald. Zu Beginn ist der Weg auch noch schön, dies ändert sich aber mit jedem gefahrenen Kilometer. Durch den gestrigen Regen ist der Weg aufgeweicht und gespickt mit großen und kleinen Pfützen. Mal muss man durchfahren, mal kann man absteigen und das Fahrrad um die Pfütze herum schieben. Was aber relativ schnell passieren muss (wir befinden uns mitten im Mückenbrutgebiet ?). Ursprünglich wollten wir eine Runde fahren, stellen aber fest, dass wir zurück, entweder auf einer Hauptstraße fahren und einen großen Umweg machen müssen oder auf dem gleichen Weg zurückfahren. Also fahren wir den gleichen Weg zurück, wieder durch Pfützen und Mückenschwärme. Zurück in Mikolajki gönnen wir uns, so dreckig wie wir sind, erst einmal ein Bier. Zurück bei „Gretchen“ spritzen wir erst einmal unsere Räder ab und gehen anschließen duschen. Danach sitzen wir noch mit anderen Campern zusammen.
Wir verlassen Mikolajki. Laut unserer Straßenkarte gibt es eine „landschaftlich schöne Straße“, diese ist etwas breiter, als der Weg den wir gestern mit den Rädern gefahren sind, hat aber genauso viele Schlaglöcher, die immer noch mit Regenwasser gefüllt sind. Die Strecke ist auf jeden Fall für Fahrzeug und Fahrer anspruchsvoll. Für diese 6 km Straße haben wir ca. 1 Stunde gebraucht! Danach kommen wir wieder auf eine „normale“ Straße. Auf dieser fahren wir über Orzysz (hier machen wir ein Badestopp) nach Elk, wo wir einen Bummel machen und uns ein Eis gönnen. Unser angepeiltes Tagesziel ist der Grenzbereich nach Litauen, was wir aber nicht erreichen. Die 45 km von Elk nach Augustow sind schnell gefahren. Bei Augustow gibt es 3 Seen, einen steuern wir an und finden einen schönen Platz zum Baden und auch zum Übernachten.
Anmerkung:
Von unseren 4 Weingläsern sind inzwischen 3 kaputt, ebenfalls kaputt gegangen ist ein Wasserglas. 4 Gläser in 4 Wochen – wenn das so weiter geht müssen wir spätestens in 3 Wochen Gläser kaufen!
Fazit Polen:
Die 3 Wochen die wir in Polen waren sind schnell vergangen und wir können nur Positives berichten. Die Menschen sind durchweg freundlich und hilfsbereit, wir haben keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Wir denken der Lebensstil der Polen unterscheidet sich kaum von unserem. Selbst in den ländlichen Gegenden hat unseres Erachtens der wirtschaftliche Aufschwung begonnen. Dies sieht man besonders an den vielen, schön anzusehenden, neugebauten Einfamilienhäusern, die meist von großen Grundstücken umgeben sind. Man sagt immer, dem Deutschen liebstes Kind ist sein Auto – dies scheint auch für Polen zu gelten. Einzig die Straßen halten bei Fortschritt nicht mit.
Für uns von Vorteil waren die günstigen Lebenshaltungskosten.
Unsere Highlights waren:
Wir beginnen unseren Tag mit einem Bad im See, danach gibt es erst Frühstück. Nach diesem traumhaften Start in den Tag machen wir uns auf den Weg nach Litauen. Wir haben noch ca. 14 Zloty, die wir vor dem Grenzübertritt im letzten polnischen Ort in Eis verwandeln wollen – dies gelingt uns nicht! Der vermeintlich letzte polnische Ort (Ogrodniki) auf unserer Straßenkarte, war so klein (wahrscheinlich nur 3 Häuser), dass wir ihn nicht als Ort wahrgenommen haben – und schwups waren wir an der Grenze. Die Durchfahrt ist so unspektakulär wie von Deutschland nach Frankreich. Einzig ein Polizeifahrzeug stand im Grenzbereich.
Da wir ein neue SIM-Karte für unser Internet benötigen, halten wir im ersten Dorf in Litauen und suchen einen Telefonladen, auch dies geschieht ohne Probleme. Die junge Verkäuferin versteht zwar weder Englisch noch Deutsch, trotzdem schaffen wir und sie es in kürzester Zeit die gewünschte Karte mit 6 GB zu 3,-- € für 4 Wochen freizuschalten. Deshalb sind wir wieder online und können euch auf dem Laufenden halten.
Einen kurzen Bummel mit Kaffeepause machen wir in Alytus. Von dort aus geht es durch eine schöne Landschaft mit vielen Seen und alten Häusern. Der Stil dieser Häuser unterscheidet sich stark zu dem Baustil in Polen. Unser Etappenziel, Trakai, liegt ca. 30 km vor der Hauptstadt Vilnius. In Trakai besuchen wir die Burg von Trakai, sie gleicht einer Bilderbuchburg, die malerisch auf einer Insel im Norden des Galvès-Sees liegt. Am See vor der Burg stehen ein paar typische Holzhäuser der Karäer (die kleinste Volksgruppe Litauens, zu der sich heute nur noch 150 Menschen zählen). Die der Straße zugewandte Hausseite zeigt immer den Giebel des Gebäudes sowie 3 kleine Fenster. Das erste Fenster ist traditionell Gott, das zweite dem Großfürsten Vytautas dem Großen (1392 – 1430) und das dritte schließlich dem Hausherr gewidmet.
Da wir mit unserem „Gretchen“ direkt auf eine Parkplatz am See stehen, gönnen wir uns vor der Weiterfahrt noch ein Bad. Wir umrunden den Galvès-See zur Hälfte und finden auf einem Parkplatz mit grünem Mittelstreifen und Seezugang unseren heutigen Schlafplatz.